Die Familienwunde heilen –
Ein tiefgehendes Gespräch mit Dr. Ilona Schönwald über vererbte Traumata, das Schweigen in unseren Familien und die Kraft echter Heilung
Bist Du ein Kriegsenkel?
Vererbte Kriegstraumata?
Was sich wie ein Kapitel aus Geschichtsbüchern anhört, ist für viele Menschen bittere Gegenwart.
In meinem Podcast habe ich mit Dr. Ilona Schönwald über genau dieses Tabuthema gesprochen.
Ein Gespräch, das bewegt, aufrüttelt und gleichzeitig Mut macht.
Unser Gespräch habe ich Dir hier zusammengefasst:
Tina: Ilona, wie kam es dazu, dass du dich diesem Thema – vererbte Kriegstraumata – so intensiv widmest?
Ilona: Ich bin selbst Kriegsenkelin.
Meine Mutter wurde 1938 geboren, mein Vater kurz vor Kriegsende.
Beide haben als Kinder Dinge erlebt, die für uns heute unvorstellbar sind: Bombennächte, Flucht, Verlust, Hunger, Angst.
In meiner Familie wurde nie wirklich darüber gesprochen – und dennoch war diese unausgesprochene Angst immer spürbar.
Ich selbst bin Jahrgang 1975, also eine sehr junge Kriegsenkelin.
Ich bin mit dieser diffusen Schwere aufgewachsen, mit einem ständigen Gefühl von Anspannung, von „Ich muss funktionieren“.
Es hat Jahre gebraucht, bis ich begriff: Das ist nicht nur meine Geschichte. Ich trage etwas in mir, das viel weiter zurückgeht.
Tina: Was waren deine ersten konkreten Erkenntnisse, dass das Trauma deiner Eltern in dir weiterwirkt?
Ilona: Rückblickend war das für mich ein Prozess.
Ich war bereits Ärztin, hatte promoviert und trotzdem hatte ich das Gefühl, irgendwie nicht ganz im Leben angekommen zu sein.
Ich war ruhelos, überreflektiert, innerlich angespannt, obwohl äußerlich alles „gut“ war.
Erst durch intensive Selbsterfahrung, durch Coaching, Therapie, schamanische Reisen und spirituelle Arbeit, wurde mir bewusst: Ich trage die Schwere und die Sprachlosigkeit meiner Vorfahren in meinem eigenen Nervensystem.
Ich bin die Erste in meiner Ahnenreihe, die sich das anschaut. Und das hat alles verändert.
Tina: Du sprichst von „transgenerationalem Trauma“. Was genau heißt das?
Ilona: Transgenerationale Traumata sind seelische Verletzungen, die über Generationen weitergegeben werden, auch wenn das ursprüngliche Ereignis schon Jahrzehnte zurückliegt.
Der Krieg mag vorbei sein – aber seine seelischen Wunden wirken noch. Sie zeigen sich in unerklärlicher Angst, in chronischer Schwere, Beziehungsproblemen, fehlender Lebensfreude oder dem Gefühl, immer kämpfen zu müssen.
Diese Traumata werden nicht nur durch Erziehung weitergegeben, sondern auch über epigenetische Prägungen im Körper.
Tina: Was sind typische Anzeichen, dass man betroffen ist, ohne es zu wissen?
Ilona: Ganz typische Aussagen sind: „Ich fühle mich fremd im eigenen Leben.“ Oder: „Ich habe alles erreicht, was ich wollte – aber ich fühle nichts.“
Viele Betroffene haben das Gefühl, auf der Suche zu sein, nie anzukommen. Oder sie tragen eine tiefe, unerklärliche Melancholie in sich. Manche wechseln oft Wohnorte oder Berufe, fühlen sich innerlich getrieben.
Es geht nicht um äußeres Drama – sondern um eine stille Not im Inneren. Das ist so typisch für Kriegsenkel.
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Veränderung beginnt mit dem ersten Schritt – es geht darum dass Heilung geschieht!
Tina: Und wenn man beginnt hinzuschauen – was passiert dann?
Ilona: Dann beginnt ein tiefgreifender Prozess.
Oft beginnt es mit Tränen, mit Trauer, mit Erinnerungen, die keine Worte haben. Aber das ist der Weg zur Heilung.
Ich begleite viele Menschen genau an diesem Punkt: Sie haben oft schon viel gemacht, viele Methoden ausprobiert, aber spüren, dass da noch etwas Tieferes wirkt.
Wenn sie den Mut haben, tieferzugehen, begegnen sie sich selbst auf eine neue Weise. Da kommt Lebendigkeit, Klarheit, auch Kraft. Es ist ein Weg in die Selbstverbindung. Und das ist das größte Geschenk.
Tina: Gibt es auch körperliche Symptome, die mit diesen transgenerationalen Themen zusammenhängen?
Ilona: Ja, viele. Chronische Schmerzen, psychosomatische Beschwerden, Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Vitiligo, Reizdarm, Migräne, sogar Autoimmunerkrankungen können Ausdruck einer tieferliegenden seelischen Last sein.
Der Körper erinnert sich – auch wenn der Verstand keine Geschichte dazu hat. Deshalb ist körperorientierte Arbeit so wichtig in der Traumabegleitung.
Tina: Und wie erlebst du die Veränderung bei Menschen, die sich auf diesen Heilungsweg machen?
Ilona: Das Schönste ist, wenn jemand zu mir sagt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich je so lebendig fühlen kann.“ Oder: „Ich kann atmen. Zum ersten Mal wirklich atmen.“
Menschen berichten, dass sie endlich sie selbst sein dürfen, dass sich Beziehungen verändern, dass sie aus einem inneren Gefühl heraus neue Entscheidungen treffen.
Es ist, als ob sie ihre eigene Frequenz wiederfinden.
Tina: Du hast einmal gesagt: „Die Heilung beginnt, wenn wir aufhören, zu überleben und anfangen, zu leben.“
Ilona: Ja, genau. Unsere Eltern und Großeltern haben überlebt.
Wir dürfen leben. Und das heißt, wir dürfen fühlen. Wir dürfen weinen, wütend sein, lachen, still sein, loslassen. Wir dürfen uns erinnern. Heilung bedeutet für mich:
Die Trennung aufzuheben zwischen dem, was war, und dem, was wir heute leben wollen.
Tina: Was möchtest du den Leserinnen und Lesern zum Schluss mitgeben?
Ilona: Du bist nicht allein. Wenn du diese Worte liest und etwas in dir resoniert, dann ist das ein Zeichen.
Ein leiser Ruf deiner Seele. Geh ihm nach.
Du musst nicht alles allein machen. Es gibt Wege. Es gibt Begleitung. Und es gibt eine Welt hinter dem Schmerz – voller Kraft, Licht und neuer Möglichkeiten.
Tina: Danke, liebe Ilona. Für deine Offenheit, dein Wissen und dein Herz.
Ilona: Ich danke dir. Und allen, die bereit sind, diesen Weg zu gehen.
Ich freue mich, wenn dich unsere Worte ein wenig inspirieren konnten und spring gerne für tiefere Impulse zu allen Themen rund um Emotionen, Selbstvertrauen und die eigene Wahrheit, in meinen Podcast.
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Hier geht es zu Ilona, wenn Du tiefer in das Thema eintauchen willst:
Dr. Ilona Schönwald – Online Mentorin, Rednerin
Homepage: https://soul-genesis.de/
Bleib emotional – in Balance. 💖
Deine Tina